Kirche/Wehnde

Es darf davon ausgegangen werden, daß der Bau der jetzigen Wehnder St.-Ursula-Kirche um 1600, als Wolfgang Höne in Tastungen und Wehnde als evangelischer Pastor fungierte, ein Um- bzw. Ausbau dieses Gotteshauses, zu dem die evangelischen Bewohner Duderstadts "namhafte Beisteuern" leisteten, um 1670 unter dem Pastor Johann Wilhelm Suchland erfolgte. Dies geht aus der über dem Südportal angebrachten Inschrift hervor, die das von Wintzingerodische Wappenschild mit Feuerhaken einrahmt.Diese lautet:
HJ V W GR - HE V W GR ANNO 1670

Über eine Kirche verfügte jedoch Wehnde spätestens seit 1238, denn als in diesem Jahr die von Bodenstein dem Zisterzienserinnenkloster Beuren die Vogtei über ihr Kloster schenkten, war Heidenreich, in der Urkunde als Zeuge genannt, katholischer Pfarrer in Wehnde ("Hedenricus plebanus in Winedhe")

Das Juspatronat über die Kirche zu Wehnde ("ius patronatus ecclesie Wenedhe"), mit dem Rudolf von Bodenstein belehnt war, übertrug Albert von Gleichenstein dem Zisterzienserinnenkloster Teistungenburg am 29.Juni 1281, und am 25.September 1294 inkorporierte der Mainzer Erzbischof Gerhard II. die Pfarrkirchen zu Wehnde ("Weinden") und Teistungen ("Theistingen") dem Kloster Teistungenburg.
Erst im Jahre 1556 büßte die Zisterze Teistungenburg das ihr vom Grafen Albert von Gleichenstein zugesprochene Patronat über die Kirche in Wehnde ("Wenedhe") ein, nachdem Berthold von Wintzingerode in Tastungen und Wehnde einen Prädikanten in der Person des Erhard Müller eingesetzt hatte.
Gegen dieses Vorgehen protestierte die Teistungenburger Äbtissin Anna Hentze (1574-1556). Doch ihr Protest wird sich lediglich aüf die Wehnder Kirche beschränkt haben, da der Zisterze nur über diese das Patronat zustand,nicht aber über die Kirche zu Tastungen, deren Patronatsherren die von Wintzingerode waren.

Als katholische Geistliche sind für Wehnde von 1238 an nachweisbar:

1. Heidenreich, 1238 urkundlich als Zeuge nachgewiesen ("Hedenricus plebanus in Winedhe").

2. Sander (,.Sanderus" ),ca 1300, wohl identisch mit dem Pleban Alexander, der 1305 in Mingerode tätig war und in einer Urkunde vom 17.August 1305 als "dominus Alexander plebanus in Minigerode" bezeichnet wird.

3. Volkmar, als Vizepleban in einer Urkunde Eckards von Bodenstein vom 17.August 1304 unter den Zeugen aufgeführt ("dominus Volcmarus viceplebanus in Wenden")

4. Heinrich, in einer Urkunde Alberts von Bodenstein vom 12. November 1307 als Vikar bezeichnet ("dominus Henricus vicarius in Wenden").

5. Johannes, als "pherner" (= Pfarrer, niederdeutsch = Perner) in einer Urkunde des Klosters Teistungenburg vom 25. September 1356 unter den Zeugen genannt ("her Johans pherner to Wenden"). Ein zweiter Priester mit Namen Johannes soll bereits um 1320 in Wehnde fungiert haben.

6. Werner von Eimbeck ("Eymbeke"), war von 1395 bis 1419 Pfarrer in Wehnde und ist auch ca. 1400 als solcher in Teistungen nachweisbar.

7. Gotfried Woltze, 1419 Pfarrer in Wehnde; 1422 als solcher in Ecklingerode nachweisbar.

8. Cyriacus de Monte, für das Jahr 1421 als Pfarrer in Wehnde und Worbis und von 1424 bis 1427 als solcher in Dingelstädt nachgewiesen.

9. Heinrich Witrock, war ca. 1450 Pfarrer in Wehnde; Mitglied des Duderstädter Kalands.

10. Heinrich Heygenrod, urkundete als Hinricus Heygenrod, Pleban in Wehnde, 1465 im Duderstädter Kaland, war früher Lehrer in Quedlinburg, 1453 Propst im Kloster Teistungenburg (nach Knieb: H.Heyenroth!).

11. Heinrich Gevehardi, als Mitglied des Duderstädter Kalands für die Jahre 1473 und 1476 nachweisbar, war er ca. 1477 Pleban in Wehnde.

12. Johann Herhentz (auch Harhertz), 1637 vorübergehend als katholischer Geistlicher in den Gemeinden Wehnde, Tastungen und Wintzingerode seitens der kurfürstlichen Behörde eingesetzt.


Der Um- bzw. Ausbau der Wehnder Kirche, von 1556 an Filiale von Tastungen, erfolgte, wie bereits erwähnt, während der Amtszeit des Pastors J.W.Suchland (1658/59 - 1695) auf Initiative und im Auftrag der beiden Brüder Heinrich Jobst v.W. (1628-1677), Stammvater der Bodensteiner Linie, und Hans Ernst v.W.(1630-1690), Stammvater der Adelsborner Linie, deren Initialen HJVW und HEVW neben der Jahreszahl 1670 über dem Südportal erhalten sind.

Pastor F.G.Schreck, von 1850 bis 1859 in Tastungen und Wehnde hat 1851 anläßlich einer Turmreparatur ein von ihm am 1 1.Mai 1851 abgefaßtes Schriftstück im Knopf des Wehnder Kirchturmes deponieren lassen, das erhalten geblieben ist. Hier heißt es u.a.:

Von der Kirche zu Wehnde "ist bekannt, daß sie zu Ende des 16ten Jahrhunderts, und zwar gleich als evangelisch-lutherische Kirche neu erbaut ist, daher sie niemals, die wenigen Jahre im 30jährigen Kriege ausgenommen, den Katholiken zum Gottesdienste gedient hat. In den Jahren 1664 bis 1694 ist ein sehr erweiterter Ausbau derselben zu Gunsten der Augsburgischen ConfessionsVerwandten in Duderstadt vorgenommen (worden), welche nachdem ihnen erst 1808 durch die damalige königl. westfälische Regierung die Untermarktskirche in ihrer Stadt bewilligt worden war, unterm 2ten September desselben Jahres an die Familie von Wintzingerode ein Danksagungsschreiben für den seit langen Jahren gewährten Schutz in Ausübung ihrer Religion und den Mitgebrauch der hiesigen und der Tastunger Kirche erlassen haben".

Den damaligen Patronatsherren Heinrich Jobst und Hans Ernst von Wintzingerode und ihren Familien, letztgenannter hatte um 1660 seinen Hauptwohnsitz in das um 1600 errichtete Herrenhaus zu Wehnde verlegt, waren in der neuen Kirche eigene Stühle, festgelegte Sitzplätze (= Patronatsloge) vorbehalten, die von anderen nicht genutzt werden durften und die "die Distanz zwischen Patronatsherr und gemeinem Volk besonders verdeutlichen" sollten. Außerdem verfügten zahlreiche evangelische Bewohner Duderstadts, die in Wehnde regelmäßig den Gottesdienst besuchten, über eigene Sitze.

Ein weiteres Privileg der Patronatsfamilie bestand darin, daß sie ihre Verstorbenen in der Gruft unter der Kirche beisetzen durfte. Der Zugang zu dieser Gruft befand sich im Mittelgang des Gotteshauses, war um 1860 mit Eichenbrettern abgedeckt und wurde wenig später gänzlich mit Steinplatten zugewölbt.

Eine "vollkommene Reparatur des Kirchthurms und Tachs" der Wehnder Kirche mußte im Mai/Juni des Jahres 1717 vorgenommen werden, nachdem am 24.Juli 1712 "Abends 4 Uhr, durch Gottes Gerechte Verhängniß ein gewaltiges Donnerwetter über wehnische Kirche zu stehen kommen, daß sowohl der Thurm als Kirchtach durch einen greulichen Donnerschlag gar sehr beschädigt worden" war.

Eine weitere Turmreparatur erfolgte 1851, als Georg Schmidt Küster, Kantor und Schullehrer war, Heinrich Franke (gest.10.Mai 1851), Christian Schatz, Gottlieb Müller und Gottlieb Schmidt als Presbyter, Ernst Goedecke als Rendant fungierten.